Mich interessiert der intime Blick auf die Nacktheit und die Sichtbarmachung der Hautoberfläche.
Dabei gehe ich einen bildlich gefassten inneren Dialog mit einem bestimmten Körperbereich ein.
Einzelne Körpersegmente nehmen in extremer Vergrößerung den Bildraum ein, wobei jedoch nicht
der Eindruck eines Fragments entstehen soll, sondern einzelne Körperregionen als autonome Welten
erscheinen. Ein Changieren zwischen Figuration und Abstraktion.
Ich setze gezielt die Fotografie ein, um in einer performistischen Stimmung einen Körper abzulichten,
diese isolierte Nahaufnahme setze ich dann in Malerei um. Die wie zufällig anmutenden Ausschnitte,
die in den Bildern stark vergrößert dargestellt werden, hängen mit dem "Kamerablick" der
fotografischen Vorarbeit zusammen. Sie wirken intim und sinnlich, sind jedoch nicht mehr auf eine
bestimmte Person bezogen. Um die fotografische Ästhetik zu verstärken, vermeide ich jeden
malerischen Gestus, die Bildoberfläche ist glatt und glänzend.
Aus einer Vielzahl lasierender Farbschichten werden helle lichte Körper herausmodelliert, zu denen
ich meist tief dunkle Stellen in Kontrast setze, nackte Haut in pastelligen Hauttönen mit Konturen
gegen den schwarzen Grund gesetzt. Durch die Abwesenheit jeglicher Räumlichkeit entsteht
eine direkte Frontalität. Die Körper sind losgelöst, herausgehoben aus ihrem persönlichen
Lebensraum, sodass sie ganz für sich, im Luftleeren und Zeitlosen schweben.
Aufnahmen von oben, von der Seite oder von unten, üppig dehnen sich die Formen über das Bildfeld
aus. Und es ist, als steigere gerade das Ausschnitthafte noch die gezeigte Leibesfülle.
Körperfragmente, die mehr ahnen lassen, als sie zeigen.
Meine Konzentration auf die Nacktheit beruht auf der Faszination von Fleischlichkeit und Formung,
Inspektion und Scham, Verhüllung und Exhibition. Den Körper als Gesamtheit, mit all seinen Energien
begreifend. Dabei interessiert mich auch die genaue Untersuchung der Hautfarbe, Hautöffnungen oder
von Hautstrukturen. Im menschlichen Körper ist die Haut die größte, vielseitigste und aktivste Quelle
von Empfindungen. Die Haut ist die Grenzlinie, die Innen von Außen, das Ich von dem Anderen trennt.
Dr. Berthold Schmitt
"Den Leib des Menschen mit einer Landschaft zu vergleichen, hat eine lange Tradition. Eines der wohl
schönsten Beispiele dafür sind die Verse aus dem Hohelied Salomons im Alten Testament, in denen
die Braut mit den Pflanzen und Früchten eines paradiesischen Gartens verglichen wird.
Visuelles Begehen und Durchwandern der Landschaft des menschlichen Körpers ist auch Gegenstand
der Malerei von Jacqueline Wachall. Die vielfach überlebensgroße Wiedergabe eines Körperausschnittes
verwandelt den Leib, der als Ganzes oftmals nur summarisch und in seinem Reichtum nur ungenügend
wahrgenommen wird, in eine sinnliche Landschaft aus sanft ansteigenden Hügeln und Weiten, von Licht
durchfluteten Tälern. Die anatomische Bestimmung des gewählten Ausschnittes fällt dabei nicht immer
leicht."
Jacqueline Wachall zeigt uns eine Malerei, die die Fotografie benutzt, um sie in eine andere Zeitlichkeit
und Realität zu überführen. Der Schauplatz für diese Transformation ist hier vor allem die Haut, als
diejenige dünne Schicht, die wir gewohnt sind als die Grenze zwischen Selbst und Welt anzusehen
und zugleich als "Spiegel der Seele".
Ähnlich der vielschichtigen Epidermis sind die Gemälde von Jacqueline Wachall aus übereinander
gelegten Farbschichten und Lasuren aufgebaut. Die in der Transparenz der Schichten erkennbare Textur
der tieferliegenden Schichten, verweisen auf die Pigmentierungsmuster der Haut.
Allein zwei Töne bilden die Pole des Farbspektrums, und ein deutliches Helldunkel modelliert die Körper
und lässt diese wie Skulpturen erscheinen. Farbreduktion und Modellierung führen zu einer
Entindividualisierung der Personen, es entsteht eine Ambivalenz von Anonymität und Intimität.
Konsequent erforscht die Künstlerin das Feld zwischen Nähe und Ferne, Dunkelheit und Licht.
Obwohl Wachall mit dem visuellen Vokabular der Intimität spielt und die Nacktheit ihrer Figuren
offensiv erkundet, erschließt sich dem Betrachter ihre Welt nie ganz. Dort, wo die Figuren den Betrachter
in eine Position an jener spannungsvollen Grenze zwischen Nähe und Voyeurismus zwingen, halten sie
ihn auch seltsam fern. Die Bilder entfalten dabei ihre eigene Dynamik und fordern uns auf, die sich so
auftuenden Leerstellen selbst zu füllen.
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